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#schongesehen DAHMER | Netflix-Serie (Review)

27. September 2022 von

© Netflix | Evan Peters als "Dahmer", eine Ryan Murphy Production und Netflix Exclusive Series

Mehr als mörderisch: Die Horror- und True-Crime-Drama-Serie “DAHMER – Monster: Die Geschichte von Jeffrey Dahmer”

Zu Recht FSK18 ist sie, die seit dem 21.09.22 streambare Netflix-Miniserie “DAHMER”: In 10 Folgen zu je rund 50 Minuten wird die sowohl grauenhafte und abstoßende als auch tragische Geschichte über Jeffrey L. Dahmer, seinerzeit Serienmörder bis Anfang der 90er in den USA, filmisch aufbereitet und erzählt. American Horror Story-Fans dürfen sich über zwei bekannte Namen freuen: Evan Peters (in der Hauptrolle als J. Dahmer) sowie Ryan Murphy (Drehbuch, Regie).

Fast hätte ich die Serie nicht angeschaut – was hätte ich da verpasst! Ich stehe eigentlich nicht auf Killer-Dokus und Mordserien, und war schon kurz zuvor weiter zu skippen. Überzeugt, mir den Trailer anzuschauen, haben mich dann doch die Namen Evan Peters und Ryan Murphy, die ich beide grandios finde, und, dass ich mich grundsätzlich für wahre Begebenheiten interessiere. Nachdem ich den Trailer gesehen hatte, landete der Titel sofort in meiner Watchlist – denn schon da war mir klar: “Das kannste nur schauen, wenn das Kind schläft. Und zwar tief schläft.”

Als ich die Serie dann begonnen hatte, folgten einige Nächte hintereinander mit wenig Schlaf, denn nicht nur die Story an sich, auch die Umsetzung haben starkes Suchtpotential und die Serie bleibt durchgehend auf einem sehr hohem Spannungslevel – bis zum bitteren Ende. Es gibt keine Minute der Langeweile, und das auf 10 Folgen Länge zu halten ist schon bemerkenswert. Leuten, die zu Alpträumen neigen, würde ich allerdings nicht empfehlen, sich die Serie mit dem extrem langen Titel (im Original: “Dahmer – Monster: The Jeffrey Dahmer Story”) direkt vor dem Schlafengehen anzuschauen.

ACHTUNG, SPOILERWARNUNG: Ich versuche möglichst wenige inhaltliche Angaben zu machen, ganz vermeiden lässt sich das aber nicht!

 

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Jeffrey Dahmer war nicht nur ein 17-facher Mörder, er vollzog neben missbräuchlichen auch kannibalistische und nekrophile Handlungen. Seine Opfer waren (wie er selbst) homosexuelle und außerdem zumeist schwarze Männer. In der Serie wird nicht nur über die Methoden und den Tathergang berichtet, sondern auch die Lebensgeschichten von Jeffrey Dahmer und zum Teil seiner Opfer beleuchtet. Dies geschieht nicht zeitlich linear, es gibt immer wieder längere Rückblenden, die ebenfalls nicht chronologisch ausgespielt werden. Verwirrend fand ich das persönlich nicht, ich konnte mich immer gut (wieder-) einfinden, und diese Rückblenden-Erzählweise kam der Serie und ihrem Handlungsverlauf sogar absolut zugute. Man kennt diese Handschrift von Ryan Murphy schon von AHS, wo man ebenfalls zu Beginn heftig vor den Kopf gestoßen wird, ehe man sich dann gefesselt in einem packenden, spannenden Storystrudel wiederfindet.

So war ich am Anfang der Serie tatsächlich angewidert und ja, auch verstört, ich überlegte noch, warum ich mir sowas Brutales und Grausames überhaupt anschaue – doch das Format betreibt extrem gutes Storytelling und baut erstaunlich viel Tiefe auf. Überhaupt durchlebte ich im weiteren Verlauf der Serie viele sehr verschiedene Emotionen: Mal war ich abgestoßen, mal schockiert, mal traurig, mal voller Mitleid. Ich brauchte sogar Taschentücher, da ich (sogar öfter!) weinen musste, und das ist (Bekannte können das bestätigen) bei mir nun wirklich eine Seltenheit. Auch das Gefühl der Wut überkam mich – denn auch wiederholtes polizeiliches Versagen, um nicht zu sagen Ignoranz, und der deutliche Rassismus als auch die Homophobie gegenüber den Beteiligten sind leider Teil dieser vergangenen, wahren Begebenheiten und wecken Fassungslosigkeit und Entsetzen.

Was mir gefällt, ist, dass die Serie nicht mit der Verhaftung und Verurteilung von Jeffrey Dahmer endet, sondern auch die weitere Entwicklung des Täters und auch seines Vaters noch erzählt wird; die politischen und medialen Nachwehen, ja, sogar der anschließende Personenkult Dahmers werden thematisiert. Das Format findet sein Ende erst mit dem Tod von Dahmer im Alter von 34 Jahren († 1994) im Gefängnis – wie er stirbt, das werde ich hier aber nicht erwähnen.

Besonders hervorheben möchte ich die schauspielerische Glanzleistung von Evan Peters: Wäre ich nicht schon vorher Fan von ihm gewesen, spätestens jetzt wäre ich es. Peters spielt absolut überzeugend diesen durchaus komplexen, schwierigen Charakter des Jeffrey Dahmer. Einfach nur Wow! Ich freue mich sehr, dass Evan mit dieser Serie die Möglichkeit bekommen hat, in aller Ausführlichkeit sein schauspielerisches Talent darbieten zu können – ich hatte nichts anderes erwartet und wurde auch nicht enttäuscht.

Auch Richard Jenkins, als Vater Lionel Dahmer, hinterließ bei mir mit seiner Darstellung einen bleibenden, sehr positiven Eindruck, die persönliche Veränderung des Charakters konnte ich mitfühlen und kroch mir regelrecht unter die Haut. Ein mir bis dato völlig unbekanntes Gesicht im Cast, das ich aber mit Sicherheit im Auge behalten werde, ist das von Rodney Burnford, der die Nebenrolle des Opfers Tony Hughes verkörpert. Ich bin gespannt, was man in Zukunft noch von ihm sehen wird.

Erwähnen möchte ich auch einige technische Details: Die Kameraführung ist spitze, die Perspektiven sind gut gewählt und in Szene gesetzt. Am Schnitt habe ich auch rein gar nichts auszusetzen – oft etwas, an dem ich rummäkele. Auch Ausleuchtungen und die Farbeinstellungen wissen mir zu gefallen. Ich war noch nie in den USA, schon gar nicht zu der damaligen Zeit, doch auf mich persönlich wirkten die Filmsets realistisch. Auch die Vertonung, insbesondere die eingespielte Musikauswahl der damaligen Epoche und Kulturszene (als Musikliebhaberin habe ich hier natürlich ganz besonders ein Ohr drauf) sind gut gewählt und fügen sich komplett harmonisch und realitätsnah in dieses Filmwerk ein. Hierzu konnte ich bei meiner nachfolgenden Recherche dann sogar noch einen interessanten Namen ausfindig machen: Niemand geringeres als Nick Cave hatte hier, gemeinsam mit Warren Ellis, seine Finger im Spiel. Ein Musiker, dessen Repertoire an Musikkenntnissen ich definitiv respektiere. Maske und Kostüm wurden ebenfalls gut gemacht, nie wirkt es billig – oder überteuert. Insgesamt eine extrem gute Produktion.

Mein Fazit ist sehr klar: Sofern man auf die Materie klar kommt, dass es hier um einen mehrfach psychisch gestörten brutalen Mörder geht, ist die Serie absolut und nachdrücklich empfehlenswert. Um negative Kritik zu finden, müsste ich hier schon besonders kleinlich rangehen. Für junge Menschen oder Leute, die auf eine solche Thematik sensibel reagieren, halte ich diese Netflix-Produktion aber für ungeeignet. Es war eine schlimme Mordserie, der Charakter des Jeffrey Dahmer gleichermaßen abstoßend und bemitleidenswert, und diese harte Realität wird in “Dahmer” nicht geschönt.

Schreib auch Du gerne Deine Meinung in die Kommentare, ich bin gespannt und freue mich über Austausch.

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27. September 2022

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